ACO: Woher kam die Motivation, in der Masterarbeit das Thema "Architektur + Wasser" zu behandeln?
Jarek Siwiecki: Die Idee entwickelte sich aus der Thematik ein Stadion zu entwerfen, das nicht ortsgebunden ist und dessen Nutzen nicht auf ein Event maßgeschneidert sein sollte.
Der Aufhänger hierbei war die WM 2020, die zum ersten mal in mehreren europäischen Ländern gleichzeitig ausgetragen werden soll.
In Zeiten wirtschaftlicher Krisen scheint es zweifelhaft alle zwei bis vier Jahre Milliardensummen in maßgeschneiderte Stadien zu investieren, deren Nachnutzung oft noch höhere Folgekosten verursacht als der Bau selbst, wie zu sehen in Südafrika oder der letzten EM in Polen und der Ukraine.
Der Ansatz eines mobilen Stadions auf dem Wasser ist insofern attraktiv, als dass es für die jeweiligen Sport- oder Freizeitevents einfach an die jeweilige Stadt transportiert werden und für einen bestimmten Zeitraum genutzt werden kann.
Es entsteht ein touristischer Anziehungspunkt, der Impulse setzt und von dem die Stadt profitiert, ohne sich dauerhaft an die Arena binden zu müssen.
ACO: Es gibt zwei Einflussfaktoren, die das platzierte Stadion "in Bewegung" bringen können. Die Bewegung der Menschen vor Ort und der Wellengang des Gewässers. Wie hält das Stadion das Gleichgewicht während eines Fußballspiels?
Jarek Siwiecki: Das Stadion wird vor der Küste zunächst im Meerboden verankert, sodass es seine Position halten und nicht weggetrieben werden kann.
Der Einflussfaktor Wasser ist sicherlich der stärkere, da man davon ausgehen kann, dass sich die Menschenmassen im Stadion durch die symmetrische Form gleichmäßig verteilen werden.
Mit einem Durchmesser von etwa 305 m hat das Stadion in etwa eine Länge wie das Kreuzfahrtschiff "Queen Mary".
Selbst bei hohem Wellengang erfährt man aufgrund der Trägheit der Masse auf so einem Schiff nur geringfügige Schwankungen.
Die Form des Stadions spielt natürlich eine besondere Rolle, da sie ungerichtet ist und somit keine angreifbare Fläche an Steuer- und Backbord, wie bei Schiffen, bietet.
Der sogenannte "Schwimmer", der sich im Wasser befindet und die für den Auftrieb notwendigen Luftkammern beinhaltet, sorgt mit seiner Masse für die Balance des Stadions und lässt sich, je nachdem wie be- oder entladen das Stadion ist, sogar fluten.
ACO: Haben Sie Vorbilder - Architekten oder Entwürfe -, die Sie für dieses spannende Thema Ihre Master Arbeit inspiriert haben?
Jarek Siwiecki: Geprägt wurde ich in meiner Ausbildung vom Paradigma "form follows function".
Auch wenn es sich nicht immer auf alles übertragen lässt, versuche ich beim Entwerfen die Form von der Funktion bestimmen zu lassen und eine innere Logik zu finden, an der sich alles andere orientiert.
Ich habe eigentlich keine direkten Vorbilder, denke aber, dass die visionären Ideen eines Buckminster Fuller oder die klare Formensprache eines Mies van der Rohe einen großen Einfluss auf die Herangehensweise an Architektur für mich haben.
Ein Professor von mir hat in einem Interview mal gesagt:
"Unser Job als Architekten ist - kurz gesagt - die Welt besser zu hinterlassen als wir sie vorgefunden haben."
Auch wenn es ein wenig nostalgisch klingt, denke ich, ist das ein guter Ansporn, um Architektur zu machen.
Die Masterarbeit von Jarek Siwiecki ist an der RWTH Aachen entstanden.
Betreut wurde die Arbeit von Univ. Prof. Dr.-Ing. Dirk Henning Braun | Lehrstuhl Gebäudetechnologie und von Prof. Marek Nowak (GMP Architekten) | Lehrstuhl Konstruktives Entwerfen Alanus HS Bonn